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Brief für Steuerpflichtige im Privatbereich des Monats September 2012


Sehr geehrte Damen und Herren,


der Ihnen nun vorliegende Brief möchte Sie über wesentliche, vollzogene oder geplante Änderungen im Steuer- und Wirtschaftsrecht der letzten Monate informieren und Ihnen Anlass bieten, auch bestehende Sachverhalte zu überprüfen.

Bitte lesen Sie im Einzelnen:


Inhalt

1.

Besteuerung "intransparenter" Investmentfonds europarechtswidrig?

2.

Im Urlaub erkrankte Arbeitnehmer dürfen den Urlaub nachholen

3.

Wann sind ketten-befristete Arbeitsverhältnisse unzulässig?

4.

Kosten für arbeitsgerichtliche Vergleiche können Werbungskosten sein

5.

Teilerlass der Grundsteuer bei gemindertem Mietertrag verfassungsgemäß

6.

Berücksichtigung von ausländischen Sozialversicherungsbeiträgen

7.

Musterabkommen über Info-Austausch mit USA

8.

Gilt Vorläufigkeitsvermerk bei fehlender Wiederholung auch im Änderungsbescheid?

9.

Wann sind neu errichtete Bürogebäude bezugsfertig?

10.

Heimliche Videoüberwachung in öffentlichen Räumen zulässig

11.

Sind Erstattungszinsen immer einkommensteuerpflichtig?

12.

Minijob-Grenze zukünftig bei 450 EUR

13.

Grunderwerbsteuer bei Übertragung zwischen geschiedenen Ehegatten?

14.

Grunderwerbsteuerbefreiung bei schenkweiser Anteilsübertragung

15.

Ist ein Steuerbescheid trotz falscher Adressierung wirksam?

16.

Der Hund unter einkommensteuerlichen Gesichtspunkten: Es menschelt



1. Besteuerung "intransparenter" Investmentfonds europarechtswidrig?

Kernproblem
Die Versteuerung von Erträgen aus Investmentanteilen ist seit 2004 im Investmentsteuergesetz (InvStG) geregelt. Kennzeichnend dafür ist das sog. Transparenzprinzip, wonach die Anteilseigner grundsätzlich so behandelt werden, als seien sie unmittelbar an den Kapitalanlagen des Investmentfonds beteiligt. Das Transparenzprinzip ermöglicht dem Anteilseigner u. a. die Anwendung des Teileinkünfteverfahrens bei entsprechenden Einkünften. Diese Privilegierung ist indes an bestimmte im Investmentsteuergesetz vorgesehene Publizitätsanforderungen geknüpft. Zwar gelten diese Anforderungen unterschiedslos für in- und ausländische Investmentfonds, da diese aber de facto für ausländische Fonds schwieriger zu erfüllen sind, wird hierin im Schrifttum zuweilen ein europarechtswidriger Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit gesehen.

Sachverhalt
Dem Urteil lag vereinfacht der folgende Sachverhalt zugrunde: Aus im Rahmen einer Erbschaft erworbenen ausländischen Investmentanteilen erzielte die Klägerin in den Streitjahren 2004 bis 2008 unstreitig geringfügige Zinsen sowie Erträge aus Investmentanteilen ("Fondserträge"). Da der ausländische Investmentfonds den erforderlichen Nachweis- und Veröffentlichungspflichten nicht nachkam, wandte die Finanzverwaltung die für den Steuerpflichtigen ungünstigere Pauschalbesteuerung an. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit dem Argument, dass die Vorschrift des § 6 InvStG, der die Publizitätsanforderungen kodifiziert, europarechtswidrig sei.

Entscheidung des FG Düsseldorf
Das Finanzgericht (FG) Düsseldorf stimmt der Auffassung der Klägerin zu. Die in § 6 InvStG nunmehr gleichermaßen für in- und ausländische "intransparente" Investmentfonds geregelte Pauschalbesteuerung stelle eine Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit dar, die mangels Rechtfertigung auch europarechtswidrig sei. Entscheidend ist nach Ansicht der Richter, dass die Vorschrift "de facto" auf ausländische Investmentfonds zugeschnitten sei und somit eine "verdeckte" bzw. "faktische" Diskriminierung vorliege.

Empfehlungen für die Praxis
Die endgültige Klärung der Europarechtswidrigkeit obliegt allein dem Europäischen Gerichtshof (EuGH), dem die Frage folgerichtig auch vorgelegt wurde. Dessen Entscheidung bleibt mit Spannung zu erwarten, insbesondere vor dem Hintergrund, dass andere nationale Finanzgerichte - im Gegensatz zum FG Düsseldorf - die Publizitätsanforderungen bzw. Pauschalbesteuerung für unionsrechtskonform erachten. Entsprechende Verfahren sollten in der Praxis unter Hinweis auf das beim EuGH anhängige Verfahren offen gehalten werden.

2. Im Urlaub erkrankte Arbeitnehmer dürfen den Urlaub nachholen

Kernfrage/Rechtslage
Wird ein Arbeitnehmer im Urlaub arbeitsunfähig krank, versteht es sich nach deutschem Recht so, dass er zwar nicht den gewährten Urlaub um die Zeit der Krankheit eigenmächtig verlängern kann. Sehr wohl steht ihm die Zeit der Arbeitsunfähigkeit aber als "neuer" Urlaub zur Verfügung. Dass dies nicht überall in Europa so ist, zeigt das Beispiel des spanischen Urlaubsrechts, das jetzt durch den Europäischen Gerichtshof gekippt worden ist

Sachverhalt
Nach spanischem Recht ist der Fall des Zusammentreffens von Urlaub und arbeitsunfähiger Erkrankung nicht geregelt. Nur für schwangere Arbeitnehmer sieht das spanische Recht ausdrücklich vor, dass der Arbeitnehmer berechtigt ist, seinen Urlaub, der in die Zeit der Arbeitsunfähigkeit fällt, später zu nehmen. Spanische Gewerkschaften machten vor Gericht geltend, diese für Schwangere geltende Regelung müsse für alle arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmer gelten.

Entscheidung
Der Europäische Gerichtshof gab den Gewerkschaften Recht. Weil der Erholungsurlaub eine als europäisches Grundrecht geschützte zentrale Errungenschaft gemeinschafsrechtlichen Arbeitsrechts sei, ist ein Arbeitnehmer, der während seines bezahlten Jahresurlaubs arbeitsunfähig wird, berechtigt, später eine der Dauer seiner Krankheit entsprechende Urlaubszeit in Anspruch zu nehmen, wobei dieses Recht unabhängig davon besteht, wann die Arbeitsunfähigkeit eingetreten sei.

Konsequenz
Die Entscheidung ist für Deutschland ohne weitreichende Relevanz, da sie in Deutschland gängiger Rechtsprechung und Handhabung entspricht. Hingewiesen wird aber darauf, dass der im Urlaub erkrankte Arbeitnehmer die gleichen Pflichten wie während der Arbeitszeit hat. Das heißt insbesondere, er muss sich unverzüglich krank melden und ein ärztliches Attest vorlegen; sonst kann der Arbeitgeber die Anerkennung der Krankentage verweigern. Erkrankt der Arbeitnehmer während des Abfeierns von Überstunden, bleiben diese nicht erhalten.

3. Wann sind ketten-befristete Arbeitsverhältnisse unzulässig?

Kernfrage/Rechtslage
Insbesondere bei großen Arbeitgebern kommt es vor, dass Arbeitnehmer über Jahre hinweg auf immer neuen befristeten Arbeitsverträgen beschäftigt werden mit der Begründung, sie vertreten andere Arbeitnehmer. Rechtlich war fraglich, ob diese Kettenbefristungen über Jahre hinweg zulässig sein können, oder ob nicht ab einem gewissen Zeitpunkt ein ständiger Vertretungsbedarf angenommen werden musste, der dann zu einem unbefristeten Arbeitsverhältnis des Vertreter-Arbeitnehmers führe. Die Kettenbefristungen waren bereits Gegenstand eines Verfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof, der Kettenbefristungen dem Grunde nach als zulässig ansah. Das Bundesarbeitsgericht hat über den Fall der Kettenbefristung als zuständiges nationales Gericht nunmehr entschieden und ist dabei über die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs hinaus gegangen.

Sachverhalt
Der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes und jetzt des Bundesarbeitsgerichts lag der Fall einer Justizangestellten des Landgericht Köln zugrunde, die 13 Jahre lang auf immer wieder neuen befristeten Arbeitsverhältnissen beschäftigt worden war. Nachdem das Arbeitsverhältnis zuletzt nicht mehr erneuert wurde, hatte sie hiergegen geklagt.

Entscheidung
Das Bundesarbeitsgerichts hob jetzt die Entscheidung der letzten Instanz auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung mit folgenden Vorgaben an das Landesarbeitsgericht zurück: Zwar könne die sachliche Begründung eines - auch ständigen - Vertretungsbedarfes die Befristung eines Arbeitsverhältnisses auch in Form der Kettenbefristung ermöglichen. Gesamtdauer der Befristung und die Anzahl der befristeten Arbeitsverträge können aber Indizien sein, die dazu führen, dass die grundsätzlich zulässige Form der Kettenbefristung rechtsmissbräuchlich genutzt werde, um ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu umgehen. In der Neuverhandlung müsse der Arbeitgeber dartun, dass besondere Umstände bestanden hätten, die im konkreten Fall die Kettenbefristung über 13 Jahre hinweg gerechtfertigt hätten.

Konsequenz
Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts lässt die Kettenbefristung zwar weiterhin grundsätzlich zu; allerdings ist es Aufgabe des Arbeitgebers, die Kettenbefristung für jeden einzelne darin enthaltene Befristung zu rechtfertigen. Die Rechtsprechung wird in der Zukunft Grundsätze entwickeln, wann die Indizien für einen Rechtsmissbrauch überwiegen.

4. Kosten für arbeitsgerichtliche Vergleiche können Werbungskosten sein

Einleitung
Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen und liegen nach ständiger BFH-Rechtsprechung vor, wenn zwischen den Aufwendungen und den Einnahmen ein objektiver Zusammenhang besteht. Die einem Steuerpflichtigen vorgeworfene Tat muss ausschließlich und unmittelbar aus seiner betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit heraus erklärbar sein. Dann begründen selbst strafbare, aber in Zusammenhang mit einer beruflichen Tätigkeit stehende Handlungen einen einkommensteuerrechtlich erheblichen Erwerbsaufwand, so dass daraus sich ergebende Schadensersatzzahlungen Werbungskosten sind.

Sachverhalt
Im September 2003 wurde das langjährige Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und seinem Arbeitgeber beendet. Im Oktober 2005 erhob der Arbeitgeber vor dem Arbeitsgericht Klage auf Schadensersatz i. H. v. 929.648 EUR, da der Kläger gegen Entgelt konkrete Geschäftschancen an Konkurrenten verraten und daher gegen die arbeitsvertraglich vereinbarte Schweigepflicht verstoßen hat. Dieses Verfahren wurde in 2007 mit einem Vergleich beendet. Der Kläger machte den gezahlten Vergleichsbetrag von 60.000 EUR im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung als nachträgliche Werbungskosten geltend. Das Finanzamt ließ diese Aufwendungen dagegen unberücksichtigt. Die hiergegen gerichtete Klage wies das Finanzgericht ab.

Entscheidung
Der BFH hob das FG-Urteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück. Da es im vorliegenden Fall nicht zu einem strafrechtlichen Verfahren gekommen ist, kann ohne hinreichend konkrete gegenteilige Anhaltspunkte nicht davon ausgegangen werden, dass diese Aufwendungen aus privaten, nicht der Erwerbssphäre zuzurechnenden Motiven der privaten Lebensführung des Klägers zuzurechnen sind. Allein der subjektive Handlungsvorwurf des Arbeitgebers schließt den objektiven Zusammenhang zwischen den Aufwendungen des Klägers und dessen Berufstätigkeit aus. Die gilt für die Kosten der Rechtsverteidigung und für die Vergleichszahlung. Das FG wird noch einmal zu prüfen haben, ob sich für die streitigen Zahlungen des Klägers tatsächlich private Gründe feststellen lassen, die einen erwerbsbezogenen Veranlassungszusammenhang gänzlich ausschließen. Lassen sich solche Gründe nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen, sind die vom Kläger getragenen Aufwendungen dem Grunde nach als Werbungskosten aus nichtselbstständiger Arbeit zu berücksichtigen.

5. Teilerlass der Grundsteuer bei gemindertem Mietertrag verfassungsgemäß

Einleitung
Bei der Grundsteuer besteht ein Anspruch auf Teilerlass, wenn der tatsächliche Rohertrag aus der Vermietung oder Verpachtung eines Grundstücks um 50 % (bis zum 31.12.2007: 20 %) niedriger ist als der normale Rohertrag. Im Fall der 50 %igen Unterschreitung ist die Grundsteuer um 25 % zu erlassen. Wird kein Rohertrag erzielt, ist die Grundsteuer i. H. v. 50 % zu erlassen.

Sachverhalt
Der Kläger ist Eigentümer eines Gebäudes, das in 2008 nur teilweise vermietet war. Da der normale Rohertrag in 2008 um 43,85 % geringer ausfiel, beantragte er Anfang 2009 einen Teilerlass der Grundsteuer. Das Finanzamt lehnte diesen Antrag ab, da am 19.12.2008 eine Änderung der zugrundeliegenden Vorschrift rückwirkend auf den 1.1.2008 eingetreten ist. Nach der neuen Gesetzesfassung erreichte der Kläger nicht die neue Prozenthürde (50 %). Die alte (20 %) gilt für 2008 nicht mehr, obwohl das Gesetz erst am 19.12.2008 erlassen und am 24.12.2008 verkündet wurde. Einspruch und Klage blieben erfolglos.

Entscheidung
Die Revision vor dem BFH wurde zurückgewiesen, da der Kläger die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Erlass von Grundsteuer in 2008 nicht erfüllte. Zum einen ist es nicht verfassungswidrig, dass der Anspruch auf Grundsteuererlass u. a. davon abhängig gemacht wird, dass der normale Rohertrag jetzt um mehr als 50 % gemindert ist. Zum anderen liegt keine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung vor, da der Kläger bei Verkündung der Gesetzesänderung am 24.12.2008 noch keine durchsetzbare vermögenswerte Rechtsposition erlangt hatte. Zu diesem Zeitpunkt war der dem Erlassantrag zugrundeliegende Sachverhalt noch nicht abgeschlossen. Zwar entsteht die Grundsteuer mit Beginn des Kalenderjahres, für das die Steuer festzusetzen ist. Der Anspruch auf Erlass wegen wesentlicher Ertragsminderung entsteht aber erst nach Ablauf des Kalenderjahres.

6. Berücksichtigung von ausländischen Sozialversicherungsbeiträgen

Kernproblem
Als Sonderausgaben zu erfassende Vorsorgeaufwendungen sind nach § 10 Abs. 2 Nr. 1 EStG nicht abzugsfähig, wenn sie mit steuerfreien Einnahmen in Zusammenhang stehen. Dieser Zusammenhang ist nach Auffassung des BFH auch dann gegeben, wenn die Steuerfreiheit der Einnahmen aus einem DBA abgeleitet wird.

Sachverhalt
Strittig war die Abzugsfähigkeit von Sozialversicherungsbeiträgen, die ein deutscher Unternehmensberater aufgrund einer in der Schweiz ausgeübten gewerblichen Tätigkeit an die Schweizerische Alters- und Hinterlassenenversicherung (ALH) zu entrichten hatte. Die Beiträge waren bei der Einkommensermittlung in der Schweiz in Abzug gebracht worden. Die schweizerischen Einkünfte waren in Deutschland nach dem DBA freigestellt (mit Progressionsvorbehalt).

Entscheidung
Der BFH versagte einen Sonderausgabenabzug mit Hinweis auf § 10 Abs. 2 Nr. 1 EStG. Zwischen den nach DBA steuerfreien Einnahmen und den ausl. Pflichtbeiträgen zur ALH bestehe ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang, weil sie durch das gleiche Ereignis veranlasst seien. Diese Rechtslage habe sich durch das AltEinkG nicht geändert. Die nachgelagerte Besteuerung von Renteneinkünften führt jedenfalls dann nicht zu einer Benachteiligung, wenn die Beitragszahlungen aus steuerfreien Einnahmen herrühren. Der fehlende SA-Abzug soll weder zu einem Verstoß gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip noch gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz führen. Vorsorgeaufwendungen haben auch nach den Grundsätzen des AltEinkG keinen ausschließlichen Werbungskostencharakter und können deshalb vom Gesetzgeber den Sonderausgaben zugeordnet werden. Im Übrigen ist zu bedenken, dass bei einer Einstufung als Werbungskosten die Vorschrift des § 3c Abs. 1 EStG zu prüfen gewesen wäre. Nach Ansicht des Gerichts hätte auch die Anwendung dieser Vorschrift zu keiner Abzugsberechtigung geführt. Schließlich soll es zu keinen Verstoß gegen das subjektive Nettoprinzip kommen, wenn die Vorsorgeaufwendungen im ausl. Staat steuermindernd berücksichtigt werden können. Der BFH betont weiterhin, dass es auf die Besteuerung der später fließenden Renten nicht ankommt. Abschließend setzt sich das Gericht mit dem Freizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der EU aus dem Jahr 2002 auseinander. Auch hier scheitert aber ein Verstoß gegen das Abkommen an dem Umstand, dass der Steuerpflichtige die Beiträge in der Schweiz steuerlich berücksichtigen konnte. Insoweit liegt nach Ansicht des Gerichts kein Verstoß gegen das Abkommen vor. Die Berücksichtigung beim Progressionsvorbehalt scheitert schließlich an der Einbeziehung von "Einkünften", die sich nach § 2 Abs. 4 EStG von der Berücksichtigung von Einkommen unterscheidet.

7. Musterabkommen über Info-Austausch mit USA

Der US-Gesetzgeber hat am 18.3.2010 den "Foreign Account Tax Compliance Act" (FATCA) verabschiedet und damit einen Stein ins Rollen gebracht, der Nicht-US Finanzinstitutionen dazu verpflichtet, bei der Ermittlung ausländischer Einkunftsquellen von US-Bürgern zu kooperieren. Als Sanktionsmechanismus wird dabei eine Regelung eingesetzt, die zu einer Strafsteuer für nicht kooperierende Finanzinstitute führt. Am 8.2.2012 wurde eine gemeinsame Erklärung der Staaten Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, Großbritannien und den USA veröffentlicht, die eine mögliche zwischenstaatliche Vorgehensweise zur Verbesserung der Steuerehrlichkeit im grenzüberschreitenden Bereich und zur Umsetzung des FATCA zum Inhalt hat. Inzwischen ist ein Musterabkommen entwickelt worden, mit dem die erforderliche Informationsbeschaffung und ihr Austausch geregelt werden soll. Das Abkommen soll regeln, wer welche Informationen ermittelt und wie diese über einen automatischen Informationsaustausch an die Steuerbehörden gelangen sollen. Betroffen sind im wesentlichen Banken, aber auch Investmentfonds und Versicherungsunternehmen.

8. Gilt Vorläufigkeitsvermerk bei fehlender Wiederholung auch im Änderungsbescheid?

Kernaussage
Besteht eine tatsächliche oder rechtliche Ungewissheit darüber, ob die Voraussetzungen für die Entstehung einer Steuerschuld eingetreten sind, kann unter bestimmten Voraussetzungen eine vorläufige Steuerfestsetzung erfolgen (§ 165 AO). Der Änderungsbescheid kann wiederum vorläufig erlassen werden. Der ursprüngliche Vorläufigkeitsvermerk gilt auch dann im Änderungsbescheid weiter, wenn er dort nicht ausdrücklich wiederholt wird.

Sachverhalt
Der Beklagte machte für das Jahr 2004 einen Veräußerungsverlust aus der Beteiligung an einer GmbH geltend. Der Einkommensteuerbescheid erging hinsichtlich der Höhe des Verlustes vorläufig. Hierzu wurde im Erläuterungsteil ausgeführt, dass die Höhe des Verlustes nicht abschließend beurteilt werden kann. Zudem erging der Bescheid wegen anhängiger Revisionsverfahren und Verfassungsbeschwerden vorläufig. Ein aus anderen Gründen ergangener Änderungsbescheid wurde wiederum vorläufig erlassen. Jedoch wurde der Vorläufigkeitsvermerk zur Höhe der Verluste nicht aufgenommen. Nachdem sich die tatsächliche Höhe der Verluste klärte, beantragte der Kläger eine entsprechende Änderung des Einkommensteuerbescheids. Das beklagte Finanzamt lehnte den Antrag ab, weil der Vorläufigkeitsvermerk nicht im Änderungsbescheid wiederholt worden sei und daher nicht mehr bestehe.

Entscheidung
Das Finanzgericht gab dem Kläger Recht. Durch die fehlende Wiederholung des Vorläufigkeitsvermerks im nachfolgenden Änderungsbescheid hob der Beklagte die Vorläufigkeit nicht auf. Ein Vorläufigkeitsvermerk bleibt als Nebenbestimmung -auch in nachfolgenden Änderungsbescheiden - so lange wirksam, bis er ausdrücklich durch eine selbstständige Verfügung aufgehoben wird. Die Aufhebung kann vorliegend nur durch Beseitigung der Ungewissheit über die Entstehung des Steueranspruchs erfolgen. Dieses Erfordernis schließt die Möglichkeit einer stillschweigenden Aufhebung des Vorläufigkeitsvermerks im Rahmen einer ausdrücklich auf eine andere Korrekturvorschrift gestützten Änderungsveranlagung aus.

Konsequenz
Die Revision wurde zur Fortentwicklung der Rechtsprechung zugelassen. Entscheidend ist, ob der Steuerpflichtige den neuen Vorläufigkeitsvermerk als Änderung der Vorläufigkeit verstehen muss. Unklarheiten gehen zu Lasten des Finanzamts.

9. Wann sind neu errichtete Bürogebäude bezugsfertig?

Einleitung
Bebaute Grundstücke sind für erbschaftsteuerliche Zwecke in einem vereinfachten Ertragswertverfahren zu bewerten. Dabei ist die Wertminderung wegen Alters des Gebäudes für jedes Jahr, das seit Bezugsfertigkeit des Gebäudes bis zum Besteuerungszeitpunkt vollendet worden ist, mit 0,5 %, höchstens jedoch mit 25 % des Ausgangswerts zu berücksichtigen.

Sachverhalt
Die Kläger erbten in 2005 eine Beteiligung, zu deren Vermögen ein Bürogebäude gehörte. Dieses Gebäude war in den Jahren 1992 und 1993 errichtet worden, der Innenausbau wurden in den Jahren 1994 bis 2000 entsprechend den Bedürfnissen der Mieter gestaltet und durchgeführt. Die ersten Mieter zogen in 1994 und die letzten in 2000 ein. Das Finanzamt ging bei der Ermittlung des erbschaftsteuerlichen Wertes davon aus, dass das Bürogebäude erst in 2000 mit der Erstellung des gesamten Innenausbaus bezugsfertig gewesen und damit nur eine Alterswertminderung von 2,5 % anzusetzen sei. Das Finanzgericht gab der hiergegen gerichteten Klage statt.

Entscheidung
Der BFH bestätigte das FG-Urteil. Die Wertminderung wegen Alters des Bürogebäude war für die Zeit ab 1994 anzusetzen und betrug deshalb 5,5 % des Ausgangswertes, da das Gebäude bereits in 1994 bezugsfertig war. Gebäude sind als bezugsfertig anzusehen, wenn den zukünftigen Benutzern zugemutet werden kann, sie zu benutzen. Voraussetzung dafür ist, dass Fenster und Türen eingebaut, Anschlüsse für Strom- und Wasserversorgung, Heizung sowie sanitäre Einrichtungen vorhanden sind. Ein neu errichtetes Bürogebäude ist bezugsfertig, wenn zumindest eine Büroeinheit benutzbar ist. Bei einem Bürogebäude setzt die Wertminderung schon mit der Abnutzung der bereits fertiggestellten wesentlichen Gebäudebestandteile ein.

10. Heimliche Videoüberwachung in öffentlichen Räumen zulässig

Kernaussage

Auch in öffentlichen Räumen wie dem Kassenbereich eines Supermarktes kann eine heimliche Videoüberwachung zulässig sein. Voraussetzung ist jedoch, dass der Verdacht einer strafbaren Handlung oder anderen schweren Verfehlung besteht, es keine Aufklärungsmöglichkeit mit weniger einschneidenden Maßnahmen gibt und die Videoüberwachung insgesamt nicht unverhältnismäßig ist.

Sachverhalt
Die Klägerin war in dem Einzelhandelsunternehmen der Beklagten als stellvertretende Filialleiterin beschäftigt. Im Dezember 2008 installierte die Beklagte mit Zustimmung des Betriebsrats für 3 Wochen verdeckte Videokameras in den Verkaufsräumen, weil der Verdacht bestanden habe, dass Mitarbeiterdiebstähle zu hohen Inventurdifferenzen beigetragen hätten. Nach dem Videomitschnitt kündigte die Beklagte der Klägerin fristlos, hilfsweise fristgerecht, da auf dem Video zu sehen sei, dass die Klägerin zweimal eine Zigarettenpackung entwendete. Das erstinstanzliche Gericht erachtete den Kündigungsvorwurf nach Inaugenscheinnahme des Videos als erwiesen und wies die Klage gegen die ordentliche Kündigung ab. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) sah noch weiteren Aufklärungsbedarf und wies den Rechtsstreit an die Vorinstanz zurück.

Entscheidung
Das BAG konnte nicht abschließend entscheiden, denn es sind weitere Feststellungen dazu erforderlich, ob die Voraussetzungen für eine Verwertung des Videos erfüllt sind. Einer Verwertung von heimlichen Videoaufzeichnungen kann das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Arbeitnehmers entgegenstehen. Das Interesse des Arbeitgebers an einer Verwertung ist nur dann vorrangig, wenn der konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung zu seinen Lasten besteht, es keine Möglichkeit zur Aufklärung mit weniger einschneidenden Maßnahmen gibt und die Videoüberwachung insgesamt nicht unverhältnismäßig ist. In diesem Fall stehen dann auch die datenschutzgesetzlichen Vorschriften einer verdeckten Videoüberwachung nicht entgegen.

Konsequenz
Unter strikter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sind auch heimliche Videoaufnahmen in öffentlichen Räumen zulässig. Der in den datenschutzgesetzlichen Bestimmungen zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Wille, verdeckte Videoaufzeichnungen in öffentlichen Räumen grundsätzlich zu untersagen, wird durch die Entscheidung jedoch unterlaufen.

11. Sind Erstattungszinsen immer einkommensteuerpflichtig?

Kernaussage
Zinsen, die der Staat auf Steuererstattungen zahlt (Erstattungszinsen), sind nicht steuerbar und damit nicht einkommensteuerpflichtig.

Sachverhalt
Die Kläger hatten in den Jahren 1992 bzw. 1996 Erstattungszinsen in erheblicher Höhe erhalten. Zugleich hatten sie in ihrer Steuererklärung auch Nachzahlungszinsen geltend gemacht. Das Finanzamt besteuerte die Erstattungszinsen als Einkünfte aus Kapitalvermögen und berücksichtigte die Nachzahlungszinsen als Sonderausgaben. Im Jahr 2010 beantragten die Kläger sodann unter Hinweis auf eine aktuelle Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH), die Erstattungszinsen steuerfrei zu stellen. Dies war trotz Verstreichens des langen Zeitraums seit der Veranlagung noch möglich, da die angefochtenen Bescheide aufgrund von Einspruchs- und Klageverfahren noch nicht bestandskräftig und damit noch änderbar waren.

Entscheidung
Das Finanzgericht Münster gab den Klägern Recht. Der Gesetzgeber habe die Grundentscheidung getroffen, Erstattungszinsen zur Einkommensteuer dem nichtsteuerbaren Bereich zuzuweisen. Dies habe auch der BFH in seiner damaligen Entscheidung so gesehen. Soweit der BFH dies auch unter Hinweis auf den ab 1999 bestehenden Gleichklang zwischen der Steuerfreiheit von Erstattungszinsen einerseits und der Nichtabziehbarkeit von Nachzahlungszinsen andererseits begründet habe, folge hieraus nicht, dass Erstattungszinsen steuerbar seien, solange Nachzahlungszinsen - wie in den Streitjahren - noch als Sonderausgaben abzugsfähig gewesen seien. Ein solcher Umkehrschluss stelle eine unzulässige richterliche Rechtsfortbildung dar.

Konsequenz
Der Grundsatz der Steuerfreiheit von Erstattungszinsen gilt nach Auffassung der Finanzrichter also auch dann, wenn die Erstattungszinsen in Zeiträumen angefallen sind, in denen vom Steuerpflichtigen gezahlte Nachzahlungszinsen als Sonderausgaben abziehbar waren. Das letzte Wort hat jetzt wiederum der BFH; die Revision wurde zugelassen.

12. Minijob-Grenze zukünftig bei 450 EUR

Rechtslage
Bislang können die im Rahmen der Arbeitsmarktreform "Hartz IV" eingeführten Minijobs bis zu einer Grenze von 400 EUR im Monat als pauschal lohn- und sozialversicherungspflichtig behandelt werden. Die Pauschalbeträge setzen sich aus 15 % Renten-, 13 % Krankenversicherungsbeitrag sowie 2 % Pauschalsteuer zusammen. Der Zufluss ist beim Arbeitnehmer netto. Sie können aber freiwillig auf den Entgeltbetrag derzeit 4,6 % in die Rentenkasse einzahlen um somit Anwartschaften für die Altersversorgung zu erlangen. Wird auf diese Option verzichtet, gilt dies für die gesamte Dauer des Minijobs.

Geplante Rechtsänderung
Mit Wirkung zum 1.1.2013 soll die Verdienstgrenze für Minijobs voraussichtlich auf 450 EUR und für Beschäftigte in der Gleitzone von 800 EUR auf 850 EUR angehoben werden. Damit soll der Lohnentwicklung der letzten Jahre Rechnung getragen werden. Ferner soll für geringfügig entlohnte Beschäftigte grundsätzlich Versicherungspflicht in der Rentenversicherung bestehen, was bedeutet, dass sie selbst 4,6 Prozentpunkte in die Rentenversicherung dazu zahlen müssen. Wer diese Regelung nicht will, kann das sogenannte "Opt-out-Verfahren" wählen, wonach es eines schriftlichen Befreiungsantrags gegenüber dem Arbeitgeber bedarf. Ab Herbst 2012 sollen die Gesetzesvorlagen in den Bundestag eingebracht werden.

Konsequenz
Die geplanten Gesetzesänderungen bedeuten für den Arbeitgeber erheblichen bürokratischen Mehraufwand für ein Minijob-Arbeitsverhältnis. Auch die Anhebung der Verdienstgrenzen ist für den Arbeitnehmer nicht nur positiv; sie bedeutet auch, dass mehr Arbeit für den gleichen Stundensatz erbracht werden kann. Ob das Ziel der Vermeidung von Altersarmut erreicht werden kann, ist angesichts der zu leistenden Rentenbeiträge mehr als zweifelhaft.

13. Grunderwerbsteuer bei Übertragung zwischen geschiedenen Ehegatten?

Kernaussage
Eine Grunderwerbsteuerbefreiung wegen scheidungsbedingter Vermögensauseinandersetzung wird nur dann gewährt, wenn die Auseinandersetzung ihre Ursache tatsächlich in der Scheidung hat.

Sachverhalt
Im Dezember 1990 erwarb die Klägerin gemeinsam mit ihrem damaligen Ehegatten ein Grundstück. Das auf dem Grundstück stehende Haus bewohnten die Eheleute zusammen mit ihrer Tochter und der Mutter der Klägerin. Im April 2001 trennten sich die Eheleute und die Klägerin verließ mit ihrer Tochter die eheliche Wohnung. Ihre Mutter wohnte weiterhin im Haus. Knapp 4 Jahre später wurde die Ehe geschieden, wobei eine Aufteilung des gemeinsamen Vermögens nicht erfolgte. Nachdem die Mutter der Klägerin verstorben war, übertrug der Ehemann das Grundstück im Jahr 2007 auf die Klägerin im "Wege der Vermögensauseinandersetzung nach der Ehescheidung". Als die Klägerin die für eine derartige Vermögensauseinandersetzung vorgesehene Grundsteuerbefreiungsvorschrift in Anspruch nehmen wollte, versagte das beklagte Finanzamt die Befreiung und erhob Grunderwerbsteuer.

Entscheidung
Das hessische Finanzgericht wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Klägerin könne die Grunderwerbsteuerbefreiung nicht in Anspruch nehmen. Zwar sei ein zeitlicher Zusammenhang zwischen Scheidung und Vermögensauseinandersetzung vom Gesetz nicht gefordert. Allerdings müsse die Auseinandersetzung durch die Scheidung veranlasst sein. Dies sei dann der Fall, wenn die Auseinandersetzung durch die Scheidung notwendig geworden sei, was hier nicht gegeben war. Vielmehr habe man sich nicht früher auseinandergesetzt, weil die Mutter der Klägerin weiterhin im gemeinsamen Haus leben sollte. Die Auseinandersetzung sei daher keineswegs eine Folge der Scheidung, sondern vielmehr durch das Ableben der Mutter der Klägerin veranlasst gewesen. Für diese Konstellation werde aber gerade keine Begünstigung im Rahmen der Grunderwerbsbesteuerung gewährt.

Konsequenz
Künftig wird man - jedenfalls für Grundstücke - eine zeitnahe Auseinandersetzung anstreben müssen, um in den Genuss der Grunderwerbsteuerbefreiung zu kommen. Zwar führt das Finanzgericht aus, eine zeitliche Beschränkung gebe es nicht; es dürfte mit fortschreitender Zeit allerdings zunehmend schwerer werden, die Veranlassung der Auseinandersetzung durch die Scheidung darzulegen.

14. Grunderwerbsteuerbefreiung bei schenkweiser Anteilsübertragung

Kernaussage
Die schenkweise Übertragung eines Grundstücks ist zwar ein steuerbarer, jedoch nach dem Grunderwerbsteuergesetz steuerbefreiter Vorgang. Die Befreiungsvorschrift umfasst dabei nicht nur unmittelbare Grundstücksübertragungen, sondern auch bestimmte steuerbare Anteilsübertragungen an grundbesitzenden Gesellschaften. So ist z. B. die grundsätzlich steuerbare Übertragung von mindestens 95 % der Gesellschaftsanteile auf einen anderen Mehrheitsgesellschafter begünstigt. Nicht begünstigt ist hingegen die grunderwerbsteuerbare erstmalige Vereinigung von mindestens 95 % der Anteile an einer Gesellschaft in einer Hand. Diese seit 2006 von der Rechtsprechung vorgenommene unterschiedliche Behandlung der Übertragung von grundbesitzenden Gesellschaften wird zunehmend kritisiert. Dem Bundesfinanzhof (BFH) bot ein aktueller Fall nun die Chance, diese Ungleichbehandlung zu beseitigen.

Sachverhalt
Der Vater war ursprünglich Alleingesellschafter der grundbesitzenden Autohaus GmbH. Im Jahr 1997 übertrug er 41 % dieser Anteile unentgeltlich auf seinen Sohn, den Kläger. Die Übertragung der restlichen 59 % erfolgte in 2008. Als Gegenleistung verpflichtete sich der Sohn zur Zahlung einer lebenslangen Rente von monatlich 4.000 EUR an seinen Vater. Die in 2008 erfolgte Anteilsübertragung erfüllte unstreitig den Besteuerungstatbestand der Anteilsvereinigung. Die vom Sohn begehrte Grunderwerbsteuerbefreiung lehnte die Finanzverwaltung ab. Die anschließende Klage vor dem Finanzgericht Köln, die hinsichtlich des entgeltlichen Teils des Übertragungsgeschäftes (lebenslange Rente) auf eine weitere grunderwerbsteuerliche Befreiungsvorschrift gestützt war, blieb erfolglos.

Entscheidung
Unter ausdrücklichem Hinweis auf die damit einhergehende Rechtsprechungsänderung bejaht der BFH nunmehr die grundsätzliche Anwendbarkeit der Befreiung von der Grunderwerbsteuer auch bei der steuerbaren Anteilsvereinigung, soweit die zugrunde liegenden Anteilsübertragungen insgesamt unentgeltlich erfolgt sind. Für den entgeltlichen Teil der Anteilsübertragung lehnt der BFH die Anwendung der weiteren Befreiungsvorschrift, die die Grundstücksübertragung zwischen in gerader Linie verwandten Personen begünstigen soll, hingegen (weiterhin) ab.

Konsequenz
Die schenkweise Übertragung von Anteilen an grundbesitzenden Gesellschaften ist nunmehr grundsätzlich grunderwerbsteuerbefreit, unabhängig davon, ob die Anteilsübertragung in einem Akt oder schrittweise erfolgt. Im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge können daher zukünftig die schenkungsteuerlichen Vorteile der über einen längeren Zeitraum schrittweise vollzogenen Anteilsübertragung genutzt werden. D. h. insbesondere können schenkungsteuerliche Freibeträge alle 10 Jahre sowie Steuerprogressionseffekte ausgenutzt werden, ohne das dies mit grunderwerbsteuerlichen Nachteilen einhergeht.

15. Ist ein Steuerbescheid trotz falscher Adressierung wirksam?

Kernaussage
Ein Steuerbescheid ist nichtig und damit unwirksam, wenn er an einen falschen oder nicht existierenden Adressaten gerichtet ist. Hingegen führt ein lediglich falsch geschriebener Name des Adressaten nicht zur Nichtigkeit des Bescheids, sofern der Adressat anhand der den Betroffenen bekannten Umstände ermittelt werden kann. Dies stellte der Bundesfinanzhof (BFH) kürzlich unter Verweis auf seine ständige Rechtsprechung erneut klar.

Sachverhalt
Bei den Veranlagungen des klagenden Steuerpflichtigen zur Einkommensteuer für die Jahre 1988 - 1990 wurden vom Kläger erzielte Einkünfte aus einer KG-Beteiligung berücksichtigt. Aufgrund einer Betriebsprüfung bei der KG ergaben sich jedoch höhere Gewinne des Klägers, die im November 1993 zu Änderungsbescheiden führten, gegen die der Kläger jeweils Einspruch einlegte. Nachdem die Klage gegen die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte der KG abgewiesen worden war, hob das Finanzamt im April 2007 die seinerzeit gewährte Aussetzung der Vollziehung (AdV) der Einkommensteuerbescheide 1988 bis 1990 auf und wies die gegen diese gerichteten Einsprüche im Juni 2007 zurück. Auf den Einwand des Klägers, die Ansprüche seien verjährt, erließ das Finanzamt einen Abrechnungsbescheid, der die Steueransprüche zuzüglich Zinsen als nicht verjährt auswies. Die hiergegen erhobene Klage wies das Finanzgericht ab. Der angefochtene Abrechnungsbescheid sei nicht wegen des unzutreffend wiedergegebenen Nachnamens des Klägers nichtig, weil es sich insoweit um ein bloßes Versehen handele und sich der Inhaltsadressat des Bescheids durch Auslegung zweifelsfrei bestimmen lasse. Der BFH sah das genauso.

Entscheidung
Der Bescheid war darüber hinaus auch rechtmäßig, denn die Steueransprüche waren nicht verjährt. Die Verjährungsfrist war durch die gewährte AdV bis zu deren Ende im Jahr 2007 unterbrochen worden. Die Steueransprüche waren auch nicht verwirkt. Allein das Untätigbleiben des Finanzamts begründete kein zur Verwirkung des Anspruchs führendes Vertrauen des klagenden Steuerschuldners, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden.

Konsequenz
Die Wirksamkeit eines Bescheids trotz unrichtiger Adressierung wurde mit der Entscheidung erneut bestätigt. Es half dem Kläger hier auch nichts, dass er vorbrachte, im Vertrauen auf die Nichtgeltendmachung des Steueranspruchs nicht mehr rückgängig zu machende Maßnahmen getroffen zu haben. Diese Behauptung war dem Gericht zu pauschal.

16. Der Hund unter einkommensteuerlichen Gesichtspunkten: Es menschelt

Kernproblem
Wird ein Abzug privat veranlasster Kosten bei der Einkommensteuer beantragt, kommen häufig kuriose Sachverhalte zum Vorschein, die es zu entscheiden gilt. Fallen Aufwendungen für des Menschen besten Freund an, dann bleiben die Leitsätze richterlicher Entscheidungen auch schon einmal in bleibender Erinnerung. Das Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz urteilte einmal: "Tierarztkosten, die wegen der Diabetes-Erkrankung eines Hundes angefallen sind, der auf Anraten des behandelnden Arztes zur Behandlung einer Erkrankung des Steuerpflichtigen angeschafft wurde, sind jedenfalls dann nicht als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig, wenn die Notwendigkeit des Hundes zur Behandlung der Krankheit nicht durch ein vorheriges amtsärztliches Attest nachgewiesen wurde." Nachdem der Fall des zuckerkranken Hundes entschieden ist, durfte sich das FG Münster jetzt mit dem "Gassi gehen" beschäftigen.

Sachverhalt
Diesmal ging es nicht um Kosten eines kranken Hundes, sondern dessen Hundesitters. Ein Tierfreund hatte 2 Hunde, die er regelmäßig durch einen Betreuungsservice bei sich abholen und auch wieder zurückbringen ließ. Wenn es im Sachverhalt heißt: "Eine Betreuung der Tiere in der Wohnung des Klägers oder in dessen Garten fand nicht statt", dann erahnt man bereits, dass dies für die spätere Entscheidung von ausschlaggebender Bedeutung sein sollte. Den Steuervorteil sollte die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen bringen. So mussten sich die Finanzrichter mit der Pflege eines Hundes im Haushalt eines Steuerpflichtigen beschäftigen.

Entscheidung
Das FG Münster definiert unter dem Begriff der haushaltsnahen Dienstleistung hauswirtschaftliche Tätigkeiten, die üblicherweise zur Versorgung der Familie in einem Privathaushalt erbracht werden. Hierzu gehörten u. a. der Einkauf von Verbrauchsgütern, Kochen, Wäschepflege, Reinigung und Pflege der Räume sowie des Gartens, aber auch Versorgung und Betreuung von Kindern und kranken Haushaltsangehörigen. Wenn auch ein Hund in den Haushalt aufgenommenen sei, könnten Tätigkeiten wie Füttern, Fellpflege, das Ausführen und sonstige Beschäftigung des Hundes als haushaltsnah eingestuft werden, weil sie üblicherweise durch einen Haushaltsangehörigen erledigt würden. Den steuerlichen Abzug lassen die Richter jedoch an der fehlenden Haushaltsnähe scheitern und vergleichen dies mit der Tätigkeit einer Tagesmutter, deren Aufwand auch nur begünstigt sei, wenn sie im Haushalt des Steuerpflichtigen stattfinde.

Konsequenz
Für die Praxis bedeutet das: Den Hundesitter sollte man wie den Babysitter besser zu Hause und im Garten lassen, den Hundefriseur lässt man auch besser nach Hause kommen und bei der Hundepension? Vielleicht hilft ein Vergleich mit einem Pflegeheim.



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Mit freundlichen Grüßen



Stephan Gißewski

Steuerberater


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